Es gibt einen neuen Trend in der Arbeitswelt: Immer mehr
Angestellte jenseits der 50 erklären sich aufgrund ihres Alters automatisch zu
Mitgliedern der Risikogruppen. Sie kosten die Option voll aus, wegen der
Infektionsgefahr zu Hause zu bleiben. Inzwischen lernen die Jüngeren von den
älteren Vorbildern. Auch sie nutzen das Virus zunehmend, um im Homeoffice ihre
Serien zu genießen.
Die 19-jährige Azubine Julia Schrödinger ist inzwischen die
einzige Mitarbeiterin auf dem Areal von Thyssenkrupp. Ob Schrödingers Einsatz
als Aushilfs-CEO den Laden am Laufen hält oder nicht, kann allerdings niemand
sagen, bevor das Gebäude wieder für den regulären Betrieb geöffnet wird. Mehr
dazu im Artikel.
Es gibt einen neuen Trend in der Arbeitswelt. Immer mehr
Angestellte jenseits der 50 erklären sich aufgrund ihres Alters automatisch zu
Mitgliedern der gefährdeten Risikogruppen. Deswegen fordern sie mehr
Rücksichtnahme in allen Bereichen des Lebens.
„Kann ja ohnehin nicht sein, dass ich in meinem Alter noch
im Büro schuften muss wie die jungen Hühner“, erklärt Ilse Dupion (52) auf
einer gemütlichen Bank im heimischen Stadtpark energisch. „Oh, sehen Sie nur!
Dahinten sind schon wieder drei Teenager auf einmal unterwegs. Haben die immer
noch nicht kapiert, dass sie zu Hause bleiben müssen, damit sie mich nicht
gefährden?“
Der Generationenkonflikt nimmt unerwartete Formen an. Die
faulen Jungspunde sehen es nicht ein, sämtliche Aufgaben ihres Teams allein zu
erledigen. Nico Müller (32) kommentiert beispielsweise: „Mein alter Bürokollege
kriegt tausend Euro mehr als ich. Und was tut er dafür seit Anfang März? Er
arbeitet seinen Serienrückstand ab! Ist das noch gerecht?“
Immer mehr junge Menschen entdecken deswegen inzwischen
Vorerkrankungen wie Asthma, Alkoholismus oder eine familiäre
Diabetes-Prädisposition. Häufig entwickeln die Jüngeren auch rätselhafte Fälle
von spontan aufflackerndem Tourette-Syndrom. Das spontane aggressive Fluchen
scheint sich nur durch einen mehrwöchigen Netflix-Marathon in den Griff
bekommen lassen.
Sie alle zählen nun ebenfalls zur Risikogruppe. Damit kann
auch ihnen das anstrengende Erscheinen am Arbeitsplatz nicht länger zugemutet
werden.
Julia Schrödinger (19) ist Azubine im zweiten Lehrjahr und
seit Kurzem Geschäftsführerin und stellvertretende CEO bei einem großen
Metallbauunternehmen. „Zuerst wollte ich mich auch an dieser inoffiziellen
Krankfeier-Challenge beteiligen“, erklärt sie. „Tourette bietet sich dafür
natürlich an, auch wenn das politisch nicht korrekt ist. Ich habe extra eine
Liste mit möglichst vielen Schimpfwörtern angelegt, die ich meinen Vorgesetzten
schon lange an den Kopf werfen wollte. Aber die sind am Tag darauf auch nicht
mehr zur Arbeit gekommen … Inzwischen weiß ich selbst oft nicht mehr, ob ich
eigentlich hier bin oder zu Hause.“
Schrödinger lässt eine große Kaugummiblase platzen. Sie
berichtet, wie schnell sich ihre anfängliche Unsicherheit legte. Als sie am
gleichen Tag im Foyer der Firma Gäste von der Bundesregierung bemerkte, legte sie
einen selbstgenähten Mundschutz an. Auf diese Weise maskiert begrüßte sie die
Anwesenden im Namen der abwesenden Geschäftsleitung. Niemand habe ernsthafte
Vorbehalte gegen die junge Geschäftspartnerin gezeigt, erzählt sie, nicht
einmal bei der Unterschrift unter den Millionenvertrag. Im Gegenteil. Noch nie
zuvor habe Schrödinger so viele Komplimente für ihr jugendliches Aussehen
erhalten.
Autorin: Hanna Aden
Bilder (verändert):
1) Netflix - Moving Brands, Public Domain
2) pixabay.com, Lizenzfrei
3) dreamstime.com, Lizenz erworben
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