Samstag, 18. April 2020

Corona-„Urlaub“ für Risiko-Gruppen: Der Konflikt zwischen Alt und Jung eskaliert


Es gibt einen neuen Trend in der Arbeitswelt: Immer mehr Angestellte jenseits der 50 erklären sich aufgrund ihres Alters automatisch zu Mitgliedern der Risikogruppen. Sie kosten die Option voll aus, wegen der Infektionsgefahr zu Hause zu bleiben. Inzwischen lernen die Jüngeren von den älteren Vorbildern. Auch sie nutzen das Virus zunehmend, um im Homeoffice ihre Serien zu genießen.

Die 19-jährige Azubine Julia Schrödinger ist inzwischen die einzige Mitarbeiterin auf dem Areal von Thyssenkrupp. Ob Schrödingers Einsatz als Aushilfs-CEO den Laden am Laufen hält oder nicht, kann allerdings niemand sagen, bevor das Gebäude wieder für den regulären Betrieb geöffnet wird. Mehr dazu im Artikel.




Es gibt einen neuen Trend in der Arbeitswelt. Immer mehr Angestellte jenseits der 50 erklären sich aufgrund ihres Alters automatisch zu Mitgliedern der gefährdeten Risikogruppen. Deswegen fordern sie mehr Rücksichtnahme in allen Bereichen des Lebens.

„Kann ja ohnehin nicht sein, dass ich in meinem Alter noch im Büro schuften muss wie die jungen Hühner“, erklärt Ilse Dupion (52) auf einer gemütlichen Bank im heimischen Stadtpark energisch. „Oh, sehen Sie nur! Dahinten sind schon wieder drei Teenager auf einmal unterwegs. Haben die immer noch nicht kapiert, dass sie zu Hause bleiben müssen, damit sie mich nicht gefährden?“

Der Generationenkonflikt nimmt unerwartete Formen an. Die faulen Jungspunde sehen es nicht ein, sämtliche Aufgaben ihres Teams allein zu erledigen. Nico Müller (32) kommentiert beispielsweise: „Mein alter Bürokollege kriegt tausend Euro mehr als ich. Und was tut er dafür seit Anfang März? Er arbeitet seinen Serienrückstand ab! Ist das noch gerecht?“

Immer mehr junge Menschen entdecken deswegen inzwischen Vorerkrankungen wie Asthma, Alkoholismus oder eine familiäre Diabetes-Prädisposition. Häufig entwickeln die Jüngeren auch rätselhafte Fälle von spontan aufflackerndem Tourette-Syndrom. Das spontane aggressive Fluchen scheint sich nur durch einen mehrwöchigen Netflix-Marathon in den Griff bekommen lassen.

Sie alle zählen nun ebenfalls zur Risikogruppe. Damit kann auch ihnen das anstrengende Erscheinen am Arbeitsplatz nicht länger zugemutet werden.

Julia Schrödinger (19) ist Azubine im zweiten Lehrjahr und seit Kurzem Geschäftsführerin und stellvertretende CEO bei einem großen Metallbauunternehmen. „Zuerst wollte ich mich auch an dieser inoffiziellen Krankfeier-Challenge beteiligen“, erklärt sie. „Tourette bietet sich dafür natürlich an, auch wenn das politisch nicht korrekt ist. Ich habe extra eine Liste mit möglichst vielen Schimpfwörtern angelegt, die ich meinen Vorgesetzten schon lange an den Kopf werfen wollte. Aber die sind am Tag darauf auch nicht mehr zur Arbeit gekommen … Inzwischen weiß ich selbst oft nicht mehr, ob ich eigentlich hier bin oder zu Hause.“

Schrödinger lässt eine große Kaugummiblase platzen. Sie berichtet, wie schnell sich ihre anfängliche Unsicherheit legte. Als sie am gleichen Tag im Foyer der Firma Gäste von der Bundesregierung bemerkte, legte sie einen selbstgenähten Mundschutz an. Auf diese Weise maskiert begrüßte sie die Anwesenden im Namen der abwesenden Geschäftsleitung. Niemand habe ernsthafte Vorbehalte gegen die junge Geschäftspartnerin gezeigt, erzählt sie, nicht einmal bei der Unterschrift unter den Millionenvertrag. Im Gegenteil. Noch nie zuvor habe Schrödinger so viele Komplimente für ihr jugendliches Aussehen erhalten.

Inzwischen hat die junge Frau den Computer ihres unmittelbaren Vorgesetzten übernommen und schreibt ihre eigenen Arbeitsbeurteilungen. Schrödinger hofft, dass die Krise noch lange anhält.

Autorin: Hanna Aden

Bilder (verändert):
1) Netflix - Moving Brands, Public Domain
2) pixabay.com, Lizenzfrei
3) dreamstime.com, Lizenz erworben

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