Montag, 10. Februar 2020

Nestle nimmt „Moral“ ins Sortiment auf!


Nestle nimmt „Moral“ ins Sortiment auf!

Die Führungsriege des Schweizer Weltkonzerns Nestlé, hat Bedenken zur moralischen Verantwortung des Unternehmens geäußert. Nun sollen gewisse Unternehmensbereiche moralisch aufgewertet werden und außerdem die Moral selbst ins Sortiment integriert werden. Shareholder erwarten große Gewinne aus der neuen Unternehmensphilosophie. Alles zu Umsetzung und Auswirkungen jetzt im Artikel.




Vevey – Ulf Mark Schneider, der Geschäftsführer von Nestlé S.A. trat heute vor die Presse und verkündigte einige Neuerungen in seinem Konzern. Es soll eine neue Richtung zu mehr moralischer Verantwortung eingeschlagen werden. Dieser Schritt sei nötig geworden, da Nestlé öffentlich immer mehr unter Druck geraten sei. „Wir werden unsere komplette Fassade neu gestalten um uns das Vertrauen der Verbraucher zu korrumpieren.“ erklärt Schneider in verantwortungsbewusstem Ton.

Da das Unternehmen sehr vielseitig aufgestellt ist, müssen auch in verschiedenen Bereichen Moralisierungsmaßnahmen vorgenommen werden. Von der moralischen Umstrukturierung werden hauptsächlich die Bereiche mit dem größten öffentlichen Interesse betroffen sein. Dazu gehören: Die Gewinnung von Mineralwasser, die Verschmutzung der Weltmeere mit Plastik, der Umgang mit Personal und die Einführung eines Nährstoff-Labels. Außerdem wird Nestlé künftig Ablasszertifikate für Menschen, die sich moralisch inkorrekt verhalten haben, anbieten.

1) Nährstofflabel
Beim ersten Versuch von Nestlé, ein Nährstofflabel einzuführen, hagelte es viel Kritik. Die Kritik bezog sich meist darauf, dass das Label intransparent ist und der Verbraucher hinters Licht geführt werden könnte. Um das beim neuen Label zu vermeiden gibt es nun eine vereinfachte und genaue Einordnung von Lebensmitteln die wie folgt aussieht:

Grün – Lebensmittel zum menschlichen Verzehr
Gelb – Kein Lebensmittel aber unbedenklich
Orange – Kein Lebensmittel und beim Verzehr schädlich
Rot – Kein Lebensmittel und beim Verzehr tödlich

Ist ein Produkt also grün markiert, kann der Verbraucher sich absolut darauf verlassen, dass es sich um ein Lebensmittel zum menschlichen Verzehr handelt. Grün impliziert auch Nachhaltigkeit, was allerdings nicht als offizielle Eigenschaft hinterlegt ist sondern mehr als Marketingstrategie fungieren soll.

2) Plastikmüll in den Weltmeeren
Die 7 Weltmeere werden von sehr viel Plastikmüll und Mikroplastik belastet. Rund 20 % davon stammen einzig und allein vom Nestlé-Konzern. „Natürlich sind es die Verbraucher, die den Plastikmüll nicht sachgemäß entsorgen, sodass er im Meer landet. Dennoch werden wir Verantwortung übernehmen.“ sagt Schneider selbstüberzeugt.

Nestlé werde gemeinsam mit der UN ein System für Seeverschmutzungsrechte entwickeln und die kompletten Rechte an der Verschmutzung direkt aufkaufen. Der Konzern werde dadurch sicherstellen, dass sämtliche Verschmutzung legitimiert wird und nichtmehr moralischer Verantwortung unterliegt. Außerdem wird Nestle die Rechte an andere Konzerne weiter verkaufen um die Kosten der Umstellung zu decken. „So gewinnen alle!“ beendet Schneider das Thema.

3) Ausbeutung von Mitarbeitern
Da dem Konzern schon mehrfach Ausbeutung von Mitarbeitern und Kinderarbeit bis hin zur Sklavenhaltung vorgeworfen wurde, möchten die Schweizer auch hier neue Ansätze finden. Schneider merkt an, dass der Konzern natürlich nicht beeinflussen kann, was seine Zulieferer und Rohstoffproduzenten alles treiben. Auch wenn es sich dabei teilweise um Tochtergesellschaften handle, so arbeiteten diese absolut autonom.

Bei Nestlé selbst jedoch will man künftig der moralischen Verpflichtung gegenüber dem Personal nachgehen. Um die Mitarbeiter zu entlasten, sollen ihre Stellen künftig vermehrt durch Roboter sowie Software mit künstlicher Intelligenz ersetzt werden. Schneider dazu: „Dann kann uns niemand mehr vorwerfen, unsere Mitarbeiter würden bei der Arbeit überfordert.“.

4) Gewinnung von Mineralwasser in Afrika
Einer der größten Kritikpunkte an der Moral von Nestlé, bezieht sich auf die Gewinnung von Mineralwasser in afrikanischen Entwicklungsländern. Der Vorwurf lautet seit langer Zeit, dass Nestlé vor Ort sämtliche Wasserrechte aufkauft und das Wasser abpumpt um es dann der Bevölkerung teuer zu verkaufen. Dadurch sinke auch der Grundwasserspiegel und wichtige Brunnen trocknen aus.

Bisher war man sich stets sicher, dass der Markt das schon regeln wird. „Die Leute hätten unser Wasser ja nicht kaufen müssen.“ wirft Schneider ein. Dennoch sei man nun mit der Situation konfrontiert und müsse moralisch handeln. So will Nestlé vom erwirtschafteten Gewinn durch Mineralwasserabfüllung künftig Gefäße spenden, mit denen die Einheimischen kostenlos Regenwasser sammeln können, um nicht mehr auf das von Nestlé verkaufte Wasser angewiesen zu sein. Nur noch in seltenen Situationen, wenn es in Zentralafrika dann mal nicht regnen sollte, müssten die Einwohner noch auf Nestlés Wasser zurückgreifen.

Moral wird ins Sortiment aufgenommen
Da Nestlé durch die aufgelisteten Neuerungen viel mehr gute Moral erzeugt, als zur Kompensation der bisherigen Kritik nötig wäre, will der Konzern den Überschuss künftig wirtschaftlich verwerten. Die „Moral“ soll in Form von Zertifikaten ins Sortiment aufgenommen werden und Endverbrauchern ermöglichen, daran teil zu haben. Da die meisten Bürger in westlichen Ländern einen unmoralischen Lebensstil pflegen, erwarten die Shareholder von Nestlé enorme Gewinne durch dieses neue Produkt.

Wer künftig also eine Einheit Moral im Wert von 9,99 Euro erwirbt, kann damit eine Einheit unmoralisches Verhalten an den Tag legen, ohne dafür moralisch zur Rechenschaft gezogen zu werden. Das System ist angelehnt an die hoch profitablen, sogenannten „Ablassbriefe“ der Katholischen Kirche. Zu Nestlés Vorteil, hat die Kirche nie ein Patent auf dieses Geschäftsmodell eintragen lassen.


Autor: Adriano Holatz

Bilder (verändert)
1) Kate Ter Haar, CC BY 2.0
2) Nestlé via Wikimedia Commons

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